Nichts Besonderes

Es goß in Strömen. Eine dicke Dame stand verzweifelt in einem Hauseingang, zur Hälfte schon völlig naß. Die Taxis schienen wasserscheu, denn es ließ sich keines blicken. In den Dachrinnen rauschte es. Kleine Bäche flossen über die Gehsteige und verstärkten die schnell dahinschießenden Flüsschen in den Rinnsteinen. Jemand rannte einer Straßenbahn nach. Die dicke Dame drehte sich um, sodaß auch ihre andere Hälfte naß wurde. Da spazierte Malamut daher. Er hatte seinen großen, schwarzen Regenschirm aufgespannt. Als er die dicke, nasse Dame sah, zögerte er nicht, ihr höflich den Regenschirm anzubieten. Die Dame nahm ihn, deutete aber auf den Regen und auf Malamut, als fragte sie sich, was nun aus ihm werden sollte. Malamut winkte lächelnd ab. Er zog seinen Anzug aus, dann das Hemd, sodann Schuhe und Socken, dazu seine Unterwäsche, klemmte sich alles unter den Arm und spazierte davon. Es war deutlich zu erkennen, daß er sich im Regen wohlfühlte. Nicht unmäßig wohl, wie er das etwa mit ein paar Tanzschritten ausgedrückt hätte. Das nicht. Eben so ganz normal wohl. Nichts Besonderes.

Ernst Reyer, 2013