Malamut`s Schweigen

Wenn man Malamut beschreiben wollte, dann müßte man, abgesehen von seiner eher durchschnittlichen Erscheinung und ohne näher auf subtilere Merkmale einzugehen, aus einer Entfernung von etwa sieben Metern also, zu allererst das von ihm ausgehende Schweigen nennen. Es handelt sich dabei nicht um das trotzige Schweigen eines von der Welt Beleidigten oder um das seltene Schweigen eines Mannes, der nichts zu sagen hat, auch nicht um die Wortlosigkeit eines Zynikers, der zusieht, wie alles um ihn her in die Falle tappt. Nein, dieses, Malamut`s Schweigen, verweigert nichts, so wie ein Quell, aus der Tiefe steigend einen Brunnen füllend, ohne lautes Geplätscher dem Durstigen doch nichts abschlägt. Malamut trägt sein Schweigen demgemäß nicht vor sich her, wie einer, der damit etwas sagen will, nein, Malamut besteht aus seinem Schweigen.

Schon als ganz junger Mann war es seine Art, jeglicher ihn umbrandenden Unruhe seine gefaßte, dunkel gekleidete Erscheinung entgegen zu setzen, deren unaufdringliche Anwesenheit mit Hilfe des mattschimmernden Tuches seines Anzugs alle Aufgeregtheit um sich her aufsog. Dabei empfand man ihn niemals als langweilig oder überheblich, vielmehr stellte er eine Art schiedsrichterlicher Instanz dar, die den gerade strittigen Gegenstand durch ihr Schweigen entschied. Wenn Malamut es nicht ausdrücklich anders will, ist er freilich in gewisser Weise wie unsichtbar. So kann er manchmal stundenlang anwesend sein, ohne wahrgenommen zu werden. Erst wenn er gegangen ist, zieht es wie eine kleine Kälte durch den Raum und alle blicken zu dem Tischchen, über dem noch ein wenig Rauch von seiner Zigarre schwebt.

Ernst Reyer, 2016